Volkstanz- und Trachtengruppe Sandhorst e.V.
Kulinarisches

Ostfriesische Spezialitäten
Die alten Eigenarten in Bezug auf Essen und Trinken sind in Ostfriesland durchaus noch lebendig. Die lange Abgeschiedenheit von den Ballungszentren mögen dies verursacht haben. Nach wie vor bekommt man in Ostfriesland Urtümliches zu kaufen oder auf den Tisch. Es erfolgt in jüngster Zeit sogar eine Rückbesinnung auf traditionelle Spezialitäten, so stark, dass selbst moderne Verbrauchermärkte Sonderaktionen mit altostfriesischen Landesprodukten starten, und dafür werben. Daneben existieren nach wie vor bestimmte kleine Anbieter, deren Produkte man als Zugereister auf den ersten Blick gar nicht wahrnehmen würde. Neuerungen für Küche und Keller wurden gleichfalls eingeführt und problemlos ins "typisch Ostfriesisch" integriert. Dass auch die eine oder andere Kuriosität offeriert oder serviert wird, dafür ist man halt in Ostfriesland.

Backwerk, zumal süßes, hat bei den Ostfriesen einen sehr, sehr hohen Rang. Gebackenes ist deswegen mit ostfriesischem Brauchtum engstens verknüpft. Zum Martinisingen erhalten die Kinder Pepernöten oder Moppen, zum "Sünnerklass" (Nikolaus) gibt’s Stutenkerle mit oder ohne Rosinen, kein nachbarschaftlicher Besuch zum Jahreswechsel ist ohne Neujahrskuchen zum Tee denkbar. Den "Teekuchen" bringt man blecheweise vorzugsweise zu betrüblichen oder fröhlichen Familienfesten auf den Tisch, so dass man den Teekuchen auch sinnigerweise "Freud-und-Leid-Kuchen" nennt. Sehr süß sind die marzipangefüllten Banket-Buchstaben aus zuckerbestreutem Blätterteig (als Geschenke für artige Kinder gedacht). Ganz süß ist der ostfriesische Knüppelkuchen, und der Schneckenkuchen mit Rosinen ist nicht minder süß, sondern eine buttergetränkte Kalorienbombe. Die landesübliche Rumflockentorte zergeht auf der Zunge und ist natürlich auch süß.

Bohnen stellten in der kargen Küche des Landes für die breite Bevölkerung neben Kartoffeln das Hauptnahrungsmittel dar und wurden auf mehrere Weisen zubereitet.

 
Bohntjesopp Ostfriesische Bohnensuppe ("Sienbohntjesopp") hat demgegenüber schon manchen Auswärtigen sehr verwundert - und Ungezählten einen höllisch schweren Kopf beschert. Denn diese "Bohntjesopp" ist hochalkoholisch: Sultaninen, Kandis und ostfriesischer Branntwein werden wochenlang im kühlen Steintopf "angesetzt", wenn im Hause eine Geburt bevorsteht. Nach dem frohen Ereignis stellt man sich dann zum "Puppvisiet" (Kindvorzeigen) ein und löffelt die prall gequollenen, mit Alkohol nur so vollgesogenen Rosinen in sich hinein. Weil diese "Suppen"- Variante so harmlos und himmlisch süß schmeckt, hat schon manch einer zu viel gelöffelt und sich einen Brummschädel eingehandelt . Also Vorsicht!

Buchweizen ist trotz seines Namens kein Weizen, dieser gedeiht nur auf Ostfrieslands fettesten Marschböden , der Buchweizen hingegen wächst selbst auf kärglichstem Grund. Die früher notleidenden Moorkolonisten backten aus Buchweizenmehl Pfannkuchen ("Bookweitenschubberts") und hatten nicht viel anderes zu essen. Heute haben Spitzenrestaurants die alten Buchweizenpfannkuchen als Teil der Vollwertküche wiederentdeckt und servieren sie als Delikatesse.

Geschlachtetes wurde in Ostfriesland nicht geräuchert, sondern gepökelt oder luftgetrocknet. Schinken, Speckseiten und Würste hingen in den Küchen im "Wiem" von der Decke herunter, dicht beim offenen Feuer. Die Güte eines modernen ostfriesischen Fleischers (hier Schlachter genannt) erkennt man heute u. a. daran wie gut luftgetrocknet sein Schinken und seine Hartwürste sind. Die halblangen Hartwürste heißen hier übrigens Pümmel.

Granat heißen die Krabben (Garnelen), die von den Kuttern aus Ostfrieslands Sielhäfen mittels auf den Meeresgrund herabgelassenen Netzen gefangen und gleich an Bord in Salzwasser gekocht werden. Rosa und noch dampfend wird der Granat an Land geschafft. Früher wurde er im Landesinneren, in den Geestdörfern oder in Kleinstädten wie Aurich mit dem weit hallenden Anpreiseruf "Granaat, Granaaat" von Händlern an den Käufer gebracht. Heute kauft man den Granat am besten an Ort und Stelle fangfrisch im Häfen wie Greetsiel oder bei den Läden der Fischereigenossenschaften. Man kann sie entweder in unversehrtem Zustand oder gleich fertig ausgepult bekommen. Diese sind allerdings sehr teuer, denn das Auspulen ist noch immer reine Handarbeit - und wer es einmal selber versucht hat, wird wegen der Schwierigkeit des Auslösens des Krabbenfleisches aus dem kleinen Panzer, sicherlich den hohen Preis für fertig gepulten Granat verstehen. So wirtschaftlich wichtig sind die köstlichen kleinen Krebse, dass sie der gesamten ostfriesischen Sielorte-Küste den scherzhaften Namen "Costa Granata" eingetragen haben.

Grönkohl, ist der plattdeutsche Name für das auch in weiteren Landstrichen bekannte Gericht Görnkohl, Braunkohl o. ä. Zusammen mit einem ordentlichen Klacks Talg und einem großen Stück Speck und "Bregenwurst" (Grützwurst oder Pinkel) gekocht, wird es zu Salzkartoffeln gereicht. Ein Ostfriese wird dieses Gericht aber erst nach dem ersten stärkeren Frost genießen wollen, denn erst dann besteht für ihn die Gewähr, dass die kleinen "Untermieter" dieser Feldfrucht, Raupen und ähnliches Getier, erfroren und abgefallen sind. Wie alle Kohlarten schmeckt der Grünkohl aufgewärmt am besten und zu sehr krossen Bratkartoffeln am Abend nach einer zünftigen Schlittschuhpartie im Winter unvergleichlich.

Hochprozentiges, anders ausgedrückt: Schnaps und Likör, wird in Ostfriesland von acht einschlägigen Spezialfirmen in großer Vielfalt erzeugt. Man schätzt, dass rund 200 verschiedene Sorten Alkohol in Ostfriesland hergestellt werden. Wer also geglaubt hat, an der Küste werde ausschließlich der bekannte Doornkaat aus Kornsaat gebrannt, der irrt. Dieser edle Klare aus Norden hat zwar eine altehrwürdige Tradition und wird wegen seiner hohen Qualität respektiert. Nur trinken die Ostfriesen das bekannteste hochprozentige Produkt ihres Landes mittlerweile eher selten. Sehr alte Markennamen gibt es in der Angebotspalette Ostfriesland ("Folts Kruiden", "Alter Schwede", "Seehund"). Die Namen haben zumeist Bezug auf die Region, aus der die Schnäpse kommen, und manchmal scheinen sie für das Auge des Fremden sogar Grammatikfehler zu enthalten, wie z. B. "Winter's Klaren" aus Aurich, ein traditionell "in de gröön Buddel" abgefüllter Korn. Klar und scharf sind Ostfrieslands Hochprozentige oder süß und ein wenig dickflüssig oder ziemlich dunkel und sehr bitter.

Karmelkbree ist ein Buttermilchbrei, eine sämige Speise von hohem Nährwert mit Graupen darin, die man mit einem kräftigen Klacks braunem Rübensirup isst. Noch vor gar nicht so langer Zeit bewegten sich eiswagenähnliche Wägelchen unter Gebimmel und langgezogenen "Karmelkbreeee"-Rufen ihrer Fahrer durch die ostfriesischen Gassen, woraufhin Hausfrauen mit Milchkannen ("Melkbumkes") hineilten und für den Tag ihr Quantum des leicht säuerlichen Breies einkauften. Mittlerweile wird Karmelbree maschinell eingetütet in eckigen Schachteln aus gewachster Pappe angeboten. Von den Speisezetteln verschwunden ist er deswegen nicht.

Mählpüt, dessen wörtlich ins Hochdeutsch übersetzter Name "Mehltüte" die Sache wirklich nicht treffen würde, ist ein Hefekloß, den die Hausfrau in ein Tuch einknüpft, unter dem Deckel eines großen Topfes befestigt und dann im Wasserbad gart. Die fertige Mehlspeise wird in Scheiben geschnitten und entweder süß mit Birnen und ausgelassenem Speck oder herzhaft mit Zuckererbsen und Schinken verspeist. Das alles kann man sich eher in einer behäbig-weiträumigen Bauernküche vorstellen, als in einer Higth-Tech-Kochnische der heutigen Hausfrau. Dennoch behauptet sich der Mählpüt durchaus auf dem Speisezettel ostfriesischer Haushalte und selbst führender Restaurants.

Nagelholz (ein aus dem Plattdeutsche übersetztes Wort) hat nichts mit dem Hämmern eines Handwerkers zu tun - Nagelholz nennt man in Ostfriesland sehr hart gewordenes tiefdunkles Dörrfleisch vom Rind, das hauchdünn geschnitten wird und eine schon immer recht teuere Spezialität war. Auch wohlhabende Bauern leisteten sich nur zu besonderen Ereignissen Nagelholz auf dem Tisch.

Schwarzbrot ist jenes fast schon pumpernickelartige, sehr feste und schwere Brot in Kastenform. Ostriesisches Schwarzbrot mit blanker, harter Kruste wird von diversen Bäckern nach Hausrezept gebacken.

Sniertjebraa wurde in Ostfriesland nur am Abend nach dem Schweineschlachten gegessen, wenn die Nachbarn zur "Schwienvisiet" erscheinen, um einen beträchtliche Teil des soeben verarbeiteten Tieres ganz frisch sogleich gemeinschaftlich wieder aufzuessen. Dabei kamen große Mengen tiefbraun gebratenes Fleisch auf den Tisch - für die Beteiligten verständlicherweise ein wahres Fest im Jahreslauf.

Speck, und zwar ungeräucherter, nicht einmal durchwachsener, gab in den früheren Zeiten harter Feldarbeit als fettspendende, mitgekochte Zutat im Topf den einfachen Gerichten die nötige "Kraft". Der "Grootknecht", unter den Bediensteten so etwas wie der Vorarbeiter, hatte das Privileg, ein Stück Speck "so dick wie ein Gesangbuch" auf seinen Teller beanspruchen zu dürfen. Mit Speck sind auch die "Speckendicken" zubereitet, eine unvergleichliche Rheiderländer Kraftspeise aus Speckscheiben, Mettwurststücken und Pfannkuchenteig, die im Waffeleisen gebacken und anschließend auch noch mit schwarzem Rübensirup übergossen wurde. Am Silvesterabend durften die "Deensten" (das Gesinde) so viele Speckendicken vertilgen, wie sie schafften - daß der letzte Abend des Jahres deswegen auch "Dickbuksabend" genannt wurde, verwundert sicher nicht.

Stipp ist ein sehr einfaches Gericht aus den weniger wohlhabenden Gegenden am Moorrand: eine kräftige Mehlsoße mit Zwiebeln und kleingeschnittenem Speck, die mitsamt Pfanne mitten auf den Tisch gestellt wurde. Jeder Umsitzende konnte seine Pellkartoffeln darin einstippen - daher der Name.

Stuten ist nach Ostfriesensitte nicht die Bezeichnung für weibliche Pferde , sondern ein aus dem Plattdeutschen übersetztes Wort für ein feines Weißbrot. Wenn es mit Rosinen bzw. Korinthen gebacken wurde, war es etwas Besonderes und wurde auf Platt "Krintstut" genannt. Stuten gab es dereinst als Schwarzbrot-Abwechslung zu besonderen Ereignissen, weswegen "Stutendag" nur die Festtage hießen. Wegen der Korinthen etwas süßlich, wird der Krintstut traditionell von den Ostfriesen gern mit dicker Butter bestrichen zum Nachmittags-Tee gereicht, aber auch gern mit einer dicken Scheibe Käse belegt gegessen.

Suppen gehören zu jeder Küche, denkt man. Nicht so ursprünglich in Ostfriesland, jedenfalls nicht im bäuerlichen Bereich. Weil die Häuser in ihren Küchen nur über eine einzige offene Feuerstelle verfügten, gab es notgedrungen stets nur ein einziges zusammengekochtes und "durchgestampftens" Gericht ("dörstampt Eten") Für Suppen extra war da kein Platz. Seit etwa 1900, als sich allenthalben moderne Kochherde durchsetzten, nahm auch die Verbreitung der Suppen zu - wobei das, dem Landesgeschmack entsprechend, zu einem gut Teil süße Suppen waren. Zu unterscheiden sind z. B. "Klütjesopp" (kräftige Fleischsuppe mit Muskatklößchen), "Cremotateriesopp" (eine säuerliche Suppe mit Gewürzen vom Apotheker), "Plummsopp" (süße Suppe mit Pflaumen) und "Sagosopp" (süße Fruchtsuppe mit Sago angedickt aus Holunderbeeren oder Rhabarber)

Tee ist natürlich aus Ostfriesland nicht wegzudenken Der Tee wird aus speziellen, relativ kleinen Tassen getrunken, bei den Geschirrherstellern oft auch als “Moccatassen“ geführt, da außerhalb Ostfrieslands der Bedarf an dieser Tassengröße gering und sie daher nur auf Bestellung zu erhalten ist. Dabei darf die Tasse nur zu dreiviertel gefüllt werden. Im Gegensatz zum “Kaffeelöffel“ versteht man in Ostfriesland unter einem “Teelöffel“ einen kleinere Variante, als der Rest der Republik. Die Teekanne wird auf einem kerzenbeheizten Stövchen serviert.